RS-Virus: Welche Symptome verursacht die Atemwegsinfektion? (2024)

Viele Kinder leiden vor allem im Herbst und Winter unter Atemwegsinfektionen - vor allem das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) führt zu teilweise schweren Krankheitsverläufen bei Frühgeborenen, Säuglingen, Kleinkindern und Kindern mit Vorerkrankungen.

Es wird vermutet, dass sich die Kinder während der Corona-Maßnahmen in den vergangenen Jahren seltener mit dem RS-Virus angesteckt haben - und viele nun die RS-Infektion "nachholen", sodass mehr Kinder als sonst gleichzeitig an RSV erkranken. Arztpraxen sind überlaufen und Kinderkliniken am Limit. Sie schlagen Alarm, weil ihnen Betten und vor allem auch Pflegepersonal fehlt, das häufig ebenfalls erkrankt ist. hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum RS-Virus.

Was ist das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV)?

Das Respiratorische Synzytial-Virus befällt die oberen und unteren Atemwege. Besonders bei Frühgeborenen, Säuglingen und Kleinkindern ist es der häufigste Erreger von Atemwegsinfektionen. Da bei ihnen das Immunsystem noch nicht vollständig ausgebildet ist, kommt es immer wieder zu schweren Verläufen, in ganz seltenen Fällen bis hin zum Tod. Gefährdet sind auch Menschen mit Immunschwäche oder unterdrücktem Immunsystem. Bei gesunden Jugendlichen und Erwachsenen dagegen verläuft eine RSV-Infektion meist harmlos. Weil auch das RSV in der kalten Jahreszeit gehäuft auftritt und nahezu identische Symptome aufweist, sind sich die beiden Infektionen vom Krankheitsbild ähnlich.

Welche Symptome verursacht eine RSV-Infektion?

Die Symptome einer RSV-Infektion können unterschiedlich stark ausgeprägt sein - so kann die Infektion von einer einfachen Atemwegserkrankung mit Husten, Schnupfen und etwas Fieber bis hin zu einer schweren beatmungspflichtigen Lungenentzündung (Pneumonie) führen. Die Infektion kann aber auch ganz ohne Symptome (asymptomatisch) verlaufen. Vor allem bei Säuglingen in den ersten Lebensmonaten kann eine Infektion mit dem RSV zu einer gefährlichen Bronchitis, Lungenentzündung oder einer gleichzeitigen Entzündung von Luftröhre und Bronchien (Tracheobronchitis) führen.

Wie verläuft eine RSV-Infektion?

Zu Beginn der Infektion treten Schnupfen, trockener Husten und manchmal eine Rachenentzündung auf. Nach ein bis drei Tagen können auch die unteren Atemwege (Bronchien, Lunge) betroffen sein - mit stärkerem, produktivem Husten, Kurzatmigkeit bis hin zur Atemnot. Dabei kann sich der Allgemeinzustand stark verschlechtern: betroffene Kinder mögen nicht trinken oder essen, müssen sich übergeben, sind geschwächt - und leiden unter Kurzatmigkeit bis hin zur Atemnot. Bei einem schwerem Verlauf kann es zur Verengung und Verschleimung der Bronchiolen kommen, was das Ausatmen erschwert ("stille Obstruktion") - hinzu kommt eine beschleunigte Atmung und eine schlechte Sauerstoffsättigung mit bläulicher Verfärbung der Haut. Da sich die Symptome der Betroffenen stark unterscheiden und sich rasch verschlechtern können, müssen Betroffene ggf. wiederholt einem Arzt vorgestellt beziehungsweise im Krankenhaus stationär beobachtet werden.

Wie infiziert man sich mit RSV?

Die Übertragung von RS-Viren erfolgt meistens durch Tröpfcheninfektion. Die Viren gelangen über die Bindehaut der Augen oder die Nasenschleimhaut in den Körper. Es wird vermutet, dass eine Infektion auch über kontaminierte Gegenstände, Oberflächen und Hände erfolgen kann. Das Virus kann in Husten- oder Schnupfensekret zum Beispiel 20 Minuten auf Händen, 45 Minuten auf Papierhandtüchern und bis zu mehreren Stunden auf Kunststoffoberflächen überleben. Und unbemerkt können auch Menschen ohne oder mit nur wenigen Symptomen das Virus übertragen - und auch Kinder, die schon eine sogenannte passive Impfung erhalten haben. Grundsätzlich kann man sich in jedem Alter mit RS-Viren infizieren. Eine langfristige Immunität besteht nicht. Vor allem Erwachsene mit regelmäßigem Kontakt zu Kleinkindern infizieren sich häufig mehrfach.

Wie lange ist die Inkubationszeit?

Die Inkubationszeit beträgt zwischen zwei und acht Tagen. Infizierte können das RSV schon einen Tag nach der Ansteckung weitergeben - noch bevor sie überhaupt Symptome entwickeln.

Wie lange sind Infizierte ansteckend?

Infizierte mit gesundem Immunsystem sind in der Regel bis zu acht Tage ansteckend. Früh- und Neugeborene sowie Betroffene mit geschwächtem oder unterdrücktem Immunsystem können jedoch mehrere Wochen lang infektiös sein.

Für wen ist RSV besonders gefährlich?

Vor allem für Frühgeborene und Kinder mit Lungen-Vorerkrankungen oder bestimmten Herzfehlern ist RSV besonders gefährlich. Unter den betroffenen Kindern, die wegen RSV im Krankenhaus behandelt werden müssen, sind etwa doppelt so häufig Jungen wie Mädchen. Aber auch Risikopatientinnen und -patienten mit chronischen Herz- oder Lungenerkrankungen sowie immungeschwächte beziehungsweise immununterdrückte Betroffene jeden Alters haben bei einer RSV-Infektion ein besonders hohes Risiko, an einer schweren Lungenentzündung zu erkranken. Eine häufige Komplikation einer RSV-Infektion ist eine akute Mittelohrentzündung. Als Langzeitkomplikation kann es nach einer RSV-Infektion durch eine Übererregbarkeit der Atemwege (bronchiale Hyperreagibilität) zu anfallsartiger Verengung der Bronchien mit pfeifender Atmung, Luftnot, Engegefühl in der Brust und Husten kommen.

Kann eine RSV-Infektion mehrmals auftreten?

Innerhalb ihres ersten Lebensjahres haben mindestens die Hälfte und bis zum Ende des zweiten Lebensjahres nahezu alle Kinder mindestens eine RSV-Infektion durchgemacht. Sie sind dann aber nicht immun gegen das Virus. Häufig kommt es Reinfektionen - insbesondere stecken sich Erwachsene mit regelmäßigem Kontakt zu Kleinkindern wiederholt an. Bei Kindern kann eine RSV-Reinfektion wieder die unteren Atemwege betreffen - meistens jedoch weniger schwer als bei der Erstinfektion. Die Erkrankung dauert etwa drei bis zwölf Tage - der Husten kann jedoch bis zu vier Wochen und länger anhalten. Bei Erwachsenen verlaufen RSV-Infektionen oftmals asymptomatisch oder als Atemwegserkrankung mit grippeähnlichen Symptomen wie Müdigkeit, Schnupfen, nichtproduktiver Husten, eventuell Bronchitis oder auch Fieber.

Was tun, wenn bei Kindern RSV-Verdacht besteht?

Kinder unter einem Jahr, die an einer fieberhaften Erkältungsinfektion leiden, und Kinder, die länger als drei Tage hohes Fieber haben, sollten einem Arzt vorgestellt werden. Alarmsignale, bei denen es sofort zum Arzt gehen sollte, sind Atemnot, schnelle und schwere Atmung oder knisternde Atemgeräusche. Gleiches gilt, wenn die Kinder nicht mehr trinken oder so stark husten, dass sie sich übergeben müssen. Sehr kleine Kinder bis drei Monate können bereits ernsthaft krank sein, wenn sie noch kein Fieber haben, aber insgesamt teilnahmslos wirken und das Trinken verweigern.

Wie wird eine RSV-Infektion behandelt?

Erkrankte sollten ausreichend trinken und versuchen, die Atemwege möglichst freizuhalten, etwa durch Nasenspülungen und Nasentropfen. Bei schweren Verläufen werden Sauerstoffgaben im Krankenhaus oder sogar Beatmungen mit Maschinen nötig. Gegen RS-Viren gibt es bislang weder eine Impfung noch wirksame Medikamente. Für besonders gefährdete Kinder gibt es aber laut RKI eine präventive Antikörper-Therapie.

Gibt es einen Impfstoff gegen die RSV-Infektion?

Die Europäische Kommission hat 2023 auf Empfehlung der Europäischen Arzneimittelagentur EMA zwei neu entwickelte Impfstoffe zugelassen. Zur Verfügung stehen jetzt ein Impfstoff von Pfizer für Schwangere mit dem Handelsnamen Abrysvo, mit dem die Mütter ihren Antikörperschutz durch die Plazenta an das werdende Kind weitergeben. Und ein zweiter monoklonaler Antikörper von Astrazeneca/Sanofi unter dem Handelsnamen Beyfortus, der aber im Gegensatz zu der seit Jahren gebräuchlichen Prophylaxe nicht nur für Risikokinder, sondern für alle geeignet ist. Die STIKO, die ständige Impfkommission, empfiehlt bisher aber noch keine der beiden Möglichkeiten.

Wie kann man sich noch vor RSV-Infektionen schützen?

Das Einhalten von Hygieneregeln wie regelmäßiges Händewaschen, hygienisches Husten und Niesen sowie das Reinigen von eventuell kontaminiertem Kinderspielzeug und anderen Gegenständen kann das Risiko einer Ansteckung minimieren. Infizierte Kinder sollten Gemeinschaftseinrichtungen wie Kitas und Krabbelgruppen während der Ansteckungsfähigkeit besser nicht besuchen, um andere Kinder zu schützen.

Dr. Charlotte Schulz, Hamburg

Kinder - und Jugendärztliche Gemeinschaftspraxis Hoheluftchaussee
Hoheluftchaussee 36
20253 Hamburg
www.kinderaerzte-hoheluftchaussee.de

Dr. Maya Müller-Hermelink, Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift

Oberärztin Bereich Pneumologie / Allergologie
Liliencronstraße 130
22149 Hamburg
www.kkh-wilhelmstift.de

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